Bezugsquellen für einheimische Wildstauden
Aller Anfang ist schwer - tierisch SCHWER
Ein gebeugter, verhutzelter Greis schlurft gebrochen seinen Weg. Er bewegt sich mit der Anmut einer arthritischen Schildkröte und der Geschwindigkeit einer Miesmuschel. Wahrscheinlich leidet eher unter zahllosen, namenlosen Krankheiten und steht unmittelbar an der Schwelle des Todes. Was für eine armselige, beklagenswerte Kreatur.
Der Greis bin ich!
In meinem Wohnzimmer stapeln sich drei 80 l Säcke mit intensivem Dachgartensubstrat, der vierte steht auf dem Balkon. Ich werde den gräßlichen Verdacht nicht los, der Angestellte im Kompostwerk hat meine Bestellung irgendwie falsch verstanden. Der Transport hat mich gestern beinahe umgebracht. Dachgartensubstrat besteht aus bis zu 80-90% mineralischen Bestandteilen (Ziegelbruch, Lava, etc.), der organische Anteil von 10-20% ist für die Entwicklung der meisten Wildstauden optimal. Keineswegs optimal ist dieser mineralische Anteil - sprich hundsgemein schwere Steine - für die Wirbelsäule von Homo sapiens sapiens. Ich hatte den Mitarbeiter im Kompostwerk, händeringend angefleht bitte doch ganz, ganz kleine Portionen zu machen. „Klein“ scheint aber ein vergleichsweise relativer Begriff zu sein, für ihn selbst waren sie das vermutlich sogar, der Typ hatte aber auch eine Statur, wie ein Kleiderschrank für sechs Personen. Meine Fingerknöchel schleifen beim aufrechten Gang immer noch auf dem Erdboden und der Muskellöwe wird noch lange brauchen bis er zum -kater wird.
Der grüne Krieg
Nach nunmehr drei Jahren in ihren engen Kästen haben die Pflanzen auf meinem Balkon endgültig alle guten Manieren über Bord geworfen, und gehen sich hemmungslos gegenseitig an die nicht vorhandene Gurgel. Die Schafgarbe hat einen Kasten mit ihren Ausläufern komplett durchwuchert, produziert aber nur noch Blätter und weigert sich hartnäckig zu blühen. Zwei Karthäusernelken, die nur noch 3 cm hoch sind, ächzen im Würgegriff des Gundermans. Die kanadische Goldrute, ein invasiver Neophyt, der sich über Wurzelausläufer extrem verbreitet, hat ihren Weg in den ersten Stock auf meinem Balkon gefunden und amüsiert sich dort offensichtlich prächtig. Alle Pflanzen bilden einen dichten Filz, in dem auch angeflogenes Gras sein Unwesen treibt, die Nährstoffe sind weit gehend verbraucht. Kurzum, es ist wieder mal Zeit für Tabula rasa!
Glücklicherweise ist die Biotonne im Keller schon fast voll, dieser Umstand gibt mir eine willkommene Ausrede, mich heute nur auf einen Kasten zu beschränken. Die neu eingesetzten Stauden stehen mutterseelenallein auf weiter Flur und schauen sich verunsichert um, Einzelhaft sind sie nicht mehr gewohnt. Bis zur Blütenpracht wird es wohl noch ein Weilchen dauern, vor allem wenn die arktischen Temperaturen weiter anhalten. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
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