Bei den “gefüllten“ Blüten werden in der Regel die Staubblätter (Stamina), seltener auch die Fruchtblätter (Karpell) in reine Schauorgane umgewandelt, die Kron-oder
Perigonblätter (Petalen), also das was der Laie als “Blütenblätter“ bezeichnet. (Die Staubblätter produzieren den Pollen, im Inneren der Fruchtblätter entwickeln sich nach der Befruchtung die
Samen).
Bei Korbblütlern (aus der Unterfamilie Asteroideae) spricht man von gefüllten Köpfchen oder Körbchen, wenn die Röhrenblüten (Scheibenblüten) in Zungenblüten (Strahlenblüten)
umgewandelt sind. Die “Blüte“ eines Korbblütlers ist in Wirklichkeit ein Blütenstand aus teilweise hunderten von winzigen Einzelblüten, wie man zum Beispiel am Löwenzahn sehr schön erkennen kann.
Die „Blütenblätter“ sind sterile Zugenblüten, die lediglich der Anlockung von Insekten dienen und für die Fernwirkung zuständig sind, in der Mitte des Blütenstands befinden sich dann die
fruchtbaren Röhrenblüten, die Nektar und Pollen produzieren. Bei der Sonnenblume gibt es beispielsweise gefüllte und ungefüllte Varianten.
Gefüllte Blüten sind die Folge einer spontanen, rezessiven Mutation dreier Gene, die auch in der Natur immer wieder auftritt. Der
Grieche Theophrastus erwähnt bereits 286 vor Christus gefüllte Rosen. Die genetischen Mechanismen dieser Mutation wurden an dem klassischen, botanischen “ Versuchskaninchen“ der Genetiker, der
Ackerschmalwand Acker-Schmalwand = Schotenkresse = Gänserauke (Arabidopsis
thaliana) näher erforscht.
Immer wenn ein lateinischer Art Name den Zusatz fl. pl. (lat. flore pleno, „mit voller Blüte“) trägt, ist Vorsicht geboten, da es sich hier um gefüllte Formen handelt.
Gefüllte Blüten findet man unter anderem bei Chrysanthemen, Dahlien, Astern, Rosen, Akelei, Nelken, Kamelien, Pfingstrosen, Gänseblümchen, Sonnenblumen aber auch bei vielen anderen Arten.
Da die den Pollen produzierenden Staubblätter komplett in Schauorgane umgewandelt wurden, schauen die Insekten hier in die Röhre, in solchen gefüllten Blüten gibt es schlicht und ergreifend
keinen Pollen mehr zum Sammeln. Die nektarproduzierenden Organe, die Nektarien, sind entweder rückgebildet und damit funktionsunfähig, oder aber die rein mechanische Barriere der
Kronblätter verhindert den Zugriff der Insekten wirkungsvoll. Aus Sicht der Wildbienen und anderer Bestäubender Insekten wie Fliegen, Wespen, Käfer und andere, sind solche Blüten also
eine komplette Mogelpackung ohne jeden Nutzen. In den gefüllten Blüten finden Sie keine “Fülle“ sondern das genaue Gegenteil Einige englische Naturgärtner sprechen hier daher etwas
gehässig von „crappy flowers“
J
Die Signalwirkung der Blüten bleibt unverändert bestehen und wird sogar noch verstärkt. Hier wird also eine massive optische Werbekampagne gefahren, obwohl die versprochenen Produkte (Pollen und
Nektar) gar nicht mehr im Handel sind. Aus Sicht der Konsumenten ein klassischer Betrug. Glücklicherweise lernen die Insekten nach einigen Fehlversuchen, solche gefüllten Blüten zu vermeiden und
nicht sinnlos Energie zu verschwenden.
In einem Naturgarten sollte man alle gefüllten Sorten daher nach Möglichkeit vermeiden, oder zumindest auch die ungefüllte Alternativen anzubieten.
Wer also sein Herz beispielsweise an eine gefüllte Rosensorte gehängt hat, kann das selbst verständlich auch weiterhin gerne machen, sollte aber dann netterweise gleichzeitig auch die ökologisch wertvollen Wildrosen anbieten. J
Es sind noch keine Einträge vorhanden.