Im Gegensatz zur ihren grabwespenähnlichen Vorfahren haben die Wildbienen auf tierisches Protein bei der Aufzucht der Larven völlig verzichtet und sind überzeugte Vegetarier geworden.
Zur ihrer Ernährung brauchen sie lediglich zwei Dinge: Pollen und Nektar. (Das gilt nicht für die Gruppe der Kuckucksbienen, die ihre Eier in die Brutzellen anderer Wildbienenarten schmuggeln. Da sie selbst keine Nahrungsvorräte der Larven anlegen müssen, ernähren sie sich fast ausschließlich von Nektar).
Die fertig entwickelten Bienen tanken in erster Linie nur noch "Flugsprit" in Form von energiereichem Nektar, lediglich für die Entwicklung der Einer brauchen sie eine gewisse Mindestmenge an proteinreichem Pollen. Die Larven sind für ihre Entwicklung in erster Linie auf den Pollen in ihren Brutzellen angewiesen.
Der Pollen (Blütenstaub) ist ein staubfeines Puder, dass in Teilen der männlichen Blütenorgane, den Staubbeuteln (Antheren) der Staubblättern (Stamen, Plural: Stamina) gebildet wird.
Der englische Botaniker und Arzt Nehemiah Grew hat das schon 1682 in seinem Buch „The anatomy of flowers, prosecuted with the bare eye and with the microscope“ in unnachahmlicher und sehr poetischer Weise erläutert:
(ACHTUNG: Der folgende Text ist für Minderjährige nicht geeignet!)
„Denn im Organ der Blüte gleicht das Pistill nicht ohne Erfolg einem Penis, mit seiner Umhüllung gleich einem Praiputino (Vorhaut). Und die mehreren Theken des samengleichen Organs gleichen kleinen Testikeln. Und die Kügelchen und anderen kleinen Partikel auf dem Pistill oder Penis und desgleichen in den Theken, sind gleichsam das pflanzliche Sperma. Welches, sobald der Penis ans Werk geht oder die Testikeln aufbrechen, auf das Samengefäß oder den Mutterleib herunterfällt und es so mit reichen Verdienste versieht."
Schöner kann man es wirklich nicht formulieren :-)
Auch wenn die Analogie etwas hinkt, könnte man den Pollen zur Veranschaulichung mit den Spermien der Wirbeltiere vergleichen. Beide müssen irgendwie den Weg zur weiblichen Eizelle überbrücken. Spermien erledigen das schwänzelnd, der Pollen setzt auf Transport durch den Wind, Wasser oder durch Insekten-Kurierdienste.
Schon der Name "Blütenstaub" weist auf die Winzigkeit der einzelnen Pollenkörner hin:
Größe der Pollenkörner:
Produzierte Mengen:
Farbe:
Oberfläche: Die ca. 1/1000 mm starke Außenschicht (Exine) des Pollenkorns bildet charakteristische Oberflächenstrukturen, die in den meisten Fällen eine Zuordnung der entsprechenden Pflanzen ermöglichen. Bei den windblütigen (durch den Wind bestäubten) Pflanzenarten fehlen solche Oberflächenstrukturen weitgehend. Bei insektenblütigen Pflanzenarten macht der Pollenkitt, eine ölige Substanz aus Lipiden und Carotinoiden den Pollen klebrig. Dadurch verklumpen die Pollenkörner zu größeren Einheiten und können leichter durch Insekten übertragen werden. Pollenkitt enthält auch teilweise die Auslöser für Pollenallergien.
Der Baustoff der Exine, das sogenannte Sporopollenin gehört zu den widerstandsfähigsten bekannten pflanzlichen Substanzen in der Natur. Seine Zähigkeit und Härte (Name!) sind legendär. Die Behandlung mit konzentrierten Säuren, Laugen und Lösungsmitteln ringt diesem Makromolekül nur ein müdes Lächeln ab und führt zu keinerlei Reaktion. Die chemische Zusammensetzung blieb lange Zeit völlig unklar, weil die Chemiker es trotz verzweifelter Anstrengung nicht schafften das Molekül in kleinere Untereinheiten zu zerlegen. In fossilen Ablagerungen überdauert die Exine Jahrmillionen völlig unverändert. Sie schützt den empfindlichen Pollen vor Austrocknung und UV-Strahlung. Eingeschlossen in einem derart unzerstörbaren Safe wäre die Keimung des Pollenkorns ein Ding der Unmöglichkeit. Deshalb ist die Exine durch eine oder mehrere Öffnungen (Aperturen) durchbrochen, an diesen Stellen befindet sich lediglich die zarte Innenschicht (Intine) der Pollenkorns. Nur an diesen Stellen können auch die Verdauungssäfte der Bienen und Bienenlarven eindringen, die Exine wird im Originalzustand wieder ausgeschieden.
Möglicherweise bilden die Bausteine des Sporopollenins ein nach dem Zufallsprinzip vernetztes Makromolekül ohne sich wiederholende räumliche Strukturen. Enzyme würden in diesem Fall nicht die für sie erforderlichen räumlichen Schlüsselstrukturen finden um dort anzudocken und den Abbau einzuleiten. Der Enzymschlüssel fände also kein passendes Schlüsselloch und würde daher nicht sperren. Die genaue Ursache für die unglaubliche Widerstandsfähigkeit des Sporopollenins liegt aber letztendlich noch völlig im Dunkeln.
Die wissenschaftliche Bezeichnung der Pollenanalyse lautet Palynologie.
Wildbienen haben sich aus grabwespenähnlichen Vorfahren entwickelt die ihre Larven ausschließlich mit tierischem Protein versorgt haben, wie es auch heute noch bei allen rezenten Wespen der Fall ist. Auch für die Entwicklung der Wildbienenlarven ist ein hoher Proteingehalt erforderlich, lediglich die Quelle hat sich grundlegend gewandelt.
Pollen enthält 16-30% Eiweiß, 3-10% Fette,1-7% Stärke, 1-9% Mineralien, viele Mineralien und so gut wie keinen Zucker. Mit dieser gehaltvollen Kost wachsen die Larven in atemberaubender Geschwindigkeit heran, bereits nach 2-4 Wochen ist der Pollenvorrat komplett verputzt.
Die fertig entwickelten Wildbienen (Imagines) ernähren sich weitgehend von Nektar um den hohen Energiebedarf des Fliegens zu decken, fressen aber auch im geringen Maße Pollen.
Bei der Honigbiene werden die heranwachsenden Larven vor allem mit Drüsensekreten (Futtersaft) ernährt. Hier benötigen nicht die Larven, sondern die für die Fütterung zuständigen Ammenbienen den proteinreichen Pollen, um den Futtersaft in ausreichender Menge und Qualität produzieren zu können. Für die Honigbiene enthalten einige Pollenarten toxisch wirkende Substanzen z.B. manche Hahnenfußarten (Ranunculus), Roßkastanie (Aesculus californica) und Rhododendron (Rhododendron punctium). Bei den Wildbienenarten Mitteleuropas sind dagegen bisher keine Vergiftungen durch Pollen bekannt geworden.
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