Der Lebensraum Totholz zeichnet sich durch eine enorme Artenvielfalt aus, die vor allem von den Käfer dominiert wird. Allein in Mitteleuropa sind 1.400 Käferarten in ihrer Lebensweise eng an Totholz gebunden. Für solitäre Wildbienen und Wespen sind vor allem die Arten interessant, deren Larven Gänge in das Totholz nagen, wie z.B. die Bockkäfer. Die nach dem Schlüpfen der Käfer verlassenen Fraßgänge stellen einen sehr begehrten Nistraum dar. Diese Hohlraumbesiedler unter den solitären Wildbienen und Wespen stellen den Löwenanteil der Arten an künstlichen Insektennisthilfen.
Die Fraßgänge verlaufen immer mehr oder weniger im rechten Winkel zur Holzfaser, an diesem Vorbild sollten wir uns auch bei unseren Nisthilfen orientieren und nie parallel zur Holzfaser, also im “Hirnholz“ bohren
Bei einer Studie in Buchenholzklötzen mit Bohrungen fanden Klaus Cölln/Andrea Jakubzik
(„Zur Ökofaunistik Kunstnester bewohnender aculeater Hymenopteren“, 1991)
folgende Arten:
Solitäre Wildbienenarten
Grabwespen (Sphecidae)
Lehmwespen (Eumenidae)
Parasitoide
Schlupfwespen (Ichneumonidae), Erzwespen (Chalcidoidea), Goldwespen (Chrysididae), Keulenwespen (Sapygidae) und Düsterbienen (Stelis)
Für den Bau von Nisthilfen ist ausschließlich Hartholz geeignet, also Holz mit einer Darrdichte (Rohdichte bei 0% Feuchtigkeit) über 550kg/m³ (0,55g/cm³).
Zu den Harthölzern gehören:
Die legendäre deutsche Eiche ist also gar nicht so hart im Nehmen wie man gemeinhin glaubt. Das zähe Eschenholz, das wenig zu Rissbildung neigt und häufig zum Bau von Werkzeugstielen verwendet wird, eignet sich besonders gut.
Das Holz soll entrindet, gut abgelagert und trocken sein. Eine chemische Imprägnierung mit giftigen Holzschutzlasuren wäre natürlich vollkommen unsinnig, das gilt auch für kesseldruckimprägnierte Hölzer. Eine biologische Imprägnierung mit Wachs oder Leinöl ist dagegen unschädlich für die Insekten.
Weichhölzer (Kiefer, Fichte, Tanne, Weide, Pappel) sind generell ungeeignet. Bohrungen im Weichholz neigen zum Ausfransen, bei feuchter Witterung
stellen sich die Fasern im Inneren der Bohrgänge auf und gefährden die empfindlichen Flügel der Insekten. Bei Nadelhölzern stellt sich zusätzlich das Problem der
Verharzung.
Stammscheiben mit Bohrungen im Hirnholz neigen aufgrund der ungleichmäßigen Trocknung zur extremen Rissbildung. (Näheres hier). Von Rissen durchzogene Gänge werden in der Regel nicht besiedelt, da hier die Gefahr der Parasitierung und der Verpilzung besonders hoch ist. Generell gilt: Je dicker und je durchmesser desto Riss, gerade die besonders malerische, riesigen Scheiben sind also am stärksten betroffen! Häufig sieht man Nistanlagen mit Tausenden von Bohrungen, die nahezu komplett unbesiedelt sind. Die Bohrungen sollten daher ausnahmslos im rechten Winkel zur Holzfaser im Längsholz erfolgen.
Hier ist Fantasie gefragt. Unter anderem empfiehlt sich die Nachfrage bei Forstämtern, Sägewerken, und Schreinereien. Im Internet gibt es Firmen für Holzzuschnitt und Kaminholz. Oft finden sich auch bei eBay preisgünstige Gelegenheiten. Googeln kann man entweder direkt nach der Holzsorte (also Buche, Esche, Eiche, etc.), auch “Holz“, “Restholz“, “Kantholz“ oder, “Kaminholz“ kann Treffer ergeben. Manche Schreiner haben Restekisten, die gegen eine Spende für die Kaffeekasse geplündert werden können. Auch Dielenreste oder Bretter sind hervorragend geeignet, hier wird dann natürlich in die Schmalseite gebohrt.
Lochdurchmesser:
2 – 9 mm, Durchmesser von 3 – 6 mm sollten dabei mengenmäßig dominieren, da häufig gerade die kleineren Gänge Mangelware an unseren Nisthilfen sind. Bedingt durch ihre unterschiedliche Körpergröße besiedelt jede Art die für sie geeigneten Löcher:
Gangtiefe:
Bei Platzmangel werden vermehrt die kleineren Brutzellen der Männchen angelegt. Mit zunehmender Gangtiefe verschiebt sich daher das Geschlechterverhältnis zu Gunsten der Weibchen. Generell gilt daher: je tiefer, desto besser. (Die Nistblöcke in der kommerziellen Mauerbienenzucht haben beispielsweise eine Tiefe von ca. 15 cm). Bei Strohhalmen, Schilf-und Bambusstängeln ist das ja kein Problem, bei Bohrungen im Hartholz kann man dagegen durchaus Zugeständnisse an die Praxis machen. Eine Bohrerlänge genügt also. Perfektionisten können auch Bohrer in Überlänge verwenden, die allerdings deutlich teurer sind.
Um den Holzblock möglichst optimal auszunutzen, kann man auch zusätzlich in die Seitenflächen bohren. Natürlich dürfen sich die Bohrungen im Inneren des Holzklotzes dann nicht treffen! Eine konkrete Bauanleitung inklusive Bohrschablone findet ihr auf der Website von Hans-Jürgen Martin hier unter dem Stichwort "Nisthölzer/Holzblöcke/Bauanleitungen
Größe des Holzblocks:
Entscheidend sind lediglich Lochdurchmesser und Gangtiefe; Größe und Form des Holzblocks sind dagegen vollkommen irrelevant. Vom streichholzschachtelgroßen Holzklötzchen bis hin zum kapitalen Maibaum ist alles möglich, Fantasie und Kreativität sind hier keinerlei Grenzen gesetzt.
Verwendet werden sollten ausschließlich hochwertige, scharfe Bohrer. Holzbohrer mit einer Zentrierspitze ermöglichen saubere Bohrungen, ohne dass die Bohrmaschine versehentlich abrutscht. HSS-Bohrer sind zwar nahezu unverwüstlich, Bohrungen im Holz reißen aber leichter aus.
Der Einsatz eines Bohrständers erspart generell Zeit, Nerven und Bandscheiben. Hier wird die Bohrmaschine eingespannt, was absolut senkrechte Bohrungen mit einer vorgegebenen Tiefe ermöglicht. Ideal wäre der Einsatz mehrerer Bohrmaschinen im Wechsel, da sich die Bohrer im Hartholz stark erhitzen. Vor allem dünne Bohrer brechen dann rasch ab. Während des Bohrens sollte man die Bohrmaschine immer wieder leicht hochziehen, um die Bohrspäne aus dem Loch zu entfernen. Ansonsten fängt es irgendwann an zu Qualmen und die Gänge verschmoren im Inneren. Das passiert übrigens auch bei stumpfen Bohrern. Derartige Gänge werden in der Regel dann schlechter besiedelt.
Falls die Bohrerlänge die Holzdicke überschreitet, sollte man einen Abstandhalter an der Bohrmaschine verwenden oder die maximale Bohrtiefe mit Klebeband am Bohrer markieren, sonst erzielt man im wahrsten Sinn des Wortes einen „Durchbruch“.
Eine streng symmetrische Anordnung der Bohrlöcher erschwert den Bienen die Orientierung beim Anflug. Kreative Muster sind daher für beide Seiten eine erfreuliche Abwechslung.
Am Schluss wird der Holzklotz mit den Bohrungen nach unten auf einer harten Unterlage ausgeklopft, um die Bohrspäne zu entfernen. Mit Pfeifenreinigern oder Düsenbürstchen lässt sich auch der letzte Rest aus den Bohrlöchern holen. Abschließend wird die Oberfläche abgeschliffen, entweder mit einem Schleifblock, einem Bandschleifer, Schwingschleifer oder Exzenterschleifer um letzte Unsauberkeit und Holzfasern am Locheingang zu entfernen.
Belehrungsresistente Holzfasern können mit einem Stück eng zusammengerolltem, feinkörnigen Schleifpapier eines Besseren belehrt werden. Danke an Reinhard Molke für diese praktischen Tipps. Er hat sich beim Bau seiner Wibinihis zur echten Löcher-Koryphäe entwickelt, fast schon zur Bohryphäe :-)
Beim Abstreifen des Pollens aus der Bauchbürste kriechen die Wildbienen rückwärts in ihren Nistgang. Jeder Schiefer oder Holzsplitter könnte hier die Flügel irreversibel beschädigen, was letztendlich einem Todesurteil für die Wildbiene entspräche. Daher werden solche Gänge in der Regel erst gar nicht besiedelt. Absolut saubere Bohrungen sind daher das A und O bei dieser Form der Nisthilfen.
Zum Schutz vor Regen kann der Holzblock oben abgeschrägt und mit einem kleinen Dach (Holzbrettchen, Alublech, Kunststoffschindel) versehen werden. Ein Dach aus Plexiglas schützt vor Feuchtigkeit, lässt aber dennoch die Sonne durch.
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Alle wesentlichen Informationen zu den unterschiedlichen Komponenten einer Insektennisthilfe sind jeweils in einem eigenen Kapitel zusammengefasst und mit zahlreichen Fotos
illustriert.
Eine sechsseitige Fotodokumentation protokolliert den Bau einer pfiffigen Insektennisthilfe aus alten Eichenbalken.
Doppelseiten mit Fotos illustrieren jeweils bestimmte Teilaspekte des Lebens an einer Nisthilfe.
Die typischen Baufehler der InsektenNICHTNisthilfen aus Baumarkt und Gartencenter werden ausführlich besprochen.
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