Insektennisthilfen schießen in den letzten Jahren wie die Pilze aus dem Boden und ihre Dimensionen nehmen kontinuierlich zu. Hier wird mit unglaublichem Fleiß, Elan und gutem Willen gewerkelt, um
etwas Gutes für den Naturschutz zu tun. Dieser Einsatz ist an und für sich erfreulich und absolut begrüßenswert. Eigentlich müßten diese Anlagen während der Saison von Tausenden von solitären
Wildbienen und Wespen umschwärmt werden. Statt dessen gewinnt man manchmal den Eindruck, jemand hätte ein kategorisches Flugverbot für Hautflügler verhängt.
Leider orientieren sich Wildbienen nicht nach ästhetischen Kriterien - sonst müßten diese Nisthilfen wegen Überfüllung schließen - sondern sie fällen ihre Entscheidungen sehr pragmatisch. Ist es
sinnvoll hier zu nisten? Ja oder Nein! Leider lautet die Antwort sehr häufig "Nein". Manchmal sind in einer winzigen Kaffeedose mit Naturstrohhalmen genausoviele Gänge besiedelt, wie in einem der
Wildbienenwolkenkratzer. Die Fehler die beim Bau solcher Anlagen gemacht werden, sind immer die gleichen und eigentlich lassen sie sich sehr leicht vermeiden. Die Freude über den Bau einer
solchen Anlage sollte ja schließlich durch eine intensive Besiedelung mit Insekten belohnt werden.
Betrachten wir die einzelnen Komponenten dieser Nisthilfe etwas näher:
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1. Zelluloseabschablandeplatz: In diesem Bereich sollten staatenbildende Faltenwespen das Baumaterial für ihre Papiernester abschaben. Die Wespen waren auch
tatsächlich eifrig an der Arbeit. Allerding nur an den Befestigungsbalken der Anlage! Hier hatte die Sonne das Holz gebleicht, d.h. das braune Lignin war abgebaut und die zurückbleibende
weiße Zellulose stand für die Wespen zur Verfügung. Hier, im Schatten eines ausladenden Daches, wird dieser Vergrauungsprozeß nie stattfinden.
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2. Holzklötze sind in Nisthilfen generell um Längen wertvoller als Baumscheiben. Hier wurde allerdings in das Hirnholz, nicht ins Längsholz gebohrt, daher
die starke Rißbildung, die eine Besiedelung bis auf Null drücken kann. Die Halme sind sinnvoll, allerdings haben manche einen deutlich zu großen Durchmesser. Alles jenseits 1 cm Durchmesser
wird kaum noch besiedelt. Der Verbrauch an Baumaterial wäre energetisch aus Sicht der Wildbiene nicht zu rechtfertigen.
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3. Eine steinharte Lehmwand. Grabende Wildbienenarten haben hier keine Chance, es sei denn sie greifen zum Preßluftbohrer oder zur Handgranate :-). Die
vorgebohrten Löcher werden manchmal von Hohlraumbesiedlern bezogen, hier sind allerdings Strohhalme, Schilf, Bambus oder angebohrte Holzklötze besser geeignet
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4. Der ebenso klassische "Schmetterling-Florfliegen-Marienkäfer-Kasten", meistens mit Stroh oder Heu gefüllt. Wenn Sie die genannten Arten an einer Stelle im
Universum NICHT finden, dann in genau solchen Kästen! Der Wert solcher Fächer als Versteck- oder Überwingerungsmöglichkeit ist vernachlässigbar.
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5. Ein bei Zoologen europaweit bekannter Brutplatz der Geringelten Flechtweidenmotte (Soasschmarrn doovarreggsd). Nein - fragen Sie mich bitte nicht
wer hier einziehen soll, ich habe keinen Schimmer!
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6. Totholz als Nistplatz für Gänge nagende Arten wie die Holzbiene. In den hohlen Stämmen bleibt kein Raum um Nistgänge zu nagen, es ist auch fraglich, ob
das Totholz im vollen Schatten angenommen wird. Frei ausgestellte morsche Stämme wären vermutlich geeigneter.
- 7.Hohlziegel sind - wie der Name schon so treffend suggeriert - völlig "hohl" und an Sinnlosigkeit in einer Nistanlage, sie haben keinerlei praktischen Nutzen. Vorne und
hinten offene Röhren werden von Wildbienen nur in extremen Ausnahmefällen besiedelt. Die einzelnen Areale sind viel zu riesig um eine sinnvolle Brutmöglichkeit zu bieten. Außerdem besteht hier
eine ernsthafte Gefahr für die einheimische Fauna. Mangels jeder Konkurrenz kann sich die Gewöhnliche Steinlaus (Petrophago lorioti) hier invasiv vermehren, die Folgen wären gar nicht auszudenken.
- 8. Beobachtungsnistkasten mit Acryglasröhren. Durch den
mangelnden Gasaustauch und die Bildung von Kondenswasser kommt es auf lange Sicht immer zum Absterben der Brut durch Verpilzung. Ich habe solche Kästen bisher ausschließlich als
Wildbienenmausoleum erlebt, ein echtes Trauerspiel. Dabei gibt es sinnvolle Alternativen die praktisch funktionieren und schon seit vielen Jahren im Einsatz sind.
- 9. Schilf und andere Halme: Der Hohlraum in den in Nisthilfen verwendeten Schilhalmen wird oft nahezu vollständig von Fasern versperrt. Sollte die Biene also nicht zufällig
eine Kettensäge dabei haben, ist eine Besiedelung ausgeschlossen. Wildbienen wählen den Durchmesser ihrer Nistgänge möglichst eng, solche Fasern würden unweigerlich zur Zerstörung der Flügel
führen, deshalb meiden die Insekten solche Stellen instinktiv. Die hier verwendeten Halme sind in Ordnung und haben eine saubere, glatte Schnittkante, wie sie für die Besiedelung essentiell ist.
Allerdings wurden hier auch teilweise zu große Halme verwendet.
- 10. Hummelkästen: Von der Größe und Ausstattung her nicht geeignet, an besonnten Nistanlagen besteht auch die Gefahr einer Überhitzung im Sommer
- 11. Stammscheiben unterliegen beim Trocknen starken Spannungen, das führt
zur extremen Rißbildung. Die angeschnittenen Holzfasern ziehen Wasser und verstärken den Prozeß noch. Ein kleiner geschliffener Holzklotz aus Buchen-, Eschen- oder Eichenholz enthält immer mehr
besiedelte Brutgänge, als eine monströse Baumscheibe. Eine geringe Teilbesiedelung erfolgt zwar in der Regel, der Besatz kann aber unter ungünstigen Bedingungen bis auf Null absinken.
Fazit: Von der ganzen riesigen Anlage sind primär nur die Fächer 2 und 9 geeignet, und diese auch nur eingeschränkt. Schade um die gigantische Arbeit die hier sicherlich
investiert wurde.
Bei den nachfolgend aufgeführten Nistanlagen weise ich jeweils darauf hin, was verbesserungsfähig ist. Um Mißverständissen vorzubeugen: Es geht mir NICHT darum diese Anlagen madig zu machen!
Jeder der sich derart hingebungsvoll für den Naturschutz einsetzt hat meine volle Hochachtung und meinen Respekt. Aber diese Anlagen werden nun mal nicht für den Betrachter gebaut, sondern für
die Insekten. Im Idealfall sollten daher beide Parteien zufrieden sein :-)
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