Parasitiert werden verschiedene Wildbienenarten aus der Unterfamilie der Megachilinae (Bauchsammler), unter anderem auch Mauerbienen, vor allem die Rostrote Mauerbiene. Die Fliege schwebt hubschrauberartig vor den Nesteingängen und schleudert ihr Ei mit einer wippenden Bewegung des Hinterleibs zielgerichtet in den Nistgang. Nicht gerade die rücksichtsvollste Art und Weise mit seinem Nachwuchs umzugehen, aber offensichtlich hat sich dieses System bewährt.
Das erste Larvenstadium (Planidium) ist sehr beweglich und nimmt sofort seine kurzen Stummelbeinchen unter den Arm um zu den Pollenvorräten einer gerade neu angelegten Brutzelle zu wandern. Sobald diese Brutzelle von der Mauerbiene mit einer Lehmwand verschlossen wird, kann sich die Larve entspannen. Nach der ersten Häutung hat die Larve wieder die klassische Madenform aller Fliegenlarven. Über die anfängliche Ernährung gibt es verschiedene Angaben in der Literatur: Laut einigen Autoren ernährt sich die Larve zunächst von dem Pollennektargemisch. Laut anderen Angaben drehte sie zunächst nur Däumchen bis die Mauerbienenlarve ihren Vorrat komplett verzehrt hat. Däumchendrehen ist als beinlose Made gar nicht so einfach und sicher ein wirkungsvolles Ablenkungsmanöver um die Zeit totzuschlagen.
Wenn die Mauerbienenlarve schließlich ihren Kokon spinnt, lässt sich die Fliegenlarve in seinem Inneren mit einschließen. Sobald sich die Bienenlarve fertig verpuppt hat, wird sie nach und nach von dem Parasitoiden ausgesaugt.
Ich möchte mir die Freude nicht nehmen lassen, an dieser Stelle den Altmeister der Entomologie Jean-Henri Fabre zu zitieren:
„Aber der Kuss des Trauerschwebendes entleert sie weiter, bald ist sie nur noch ein stündlich schrumpeliger werdendes Stück Speck, aus dem der Saugnapf die letzten öligen Ausschwitzung zieht. Zwischen dem 12. und 15. Tag ist von der Mauerbienenlarve nur noch ein weißes, kaum nadelkopfgroßes Körnchen übrig. Hier aber ist das Wunderbare: Während der etwa 15-tägigen Mahlzeit des Trauerschwebers bewahrt die Larve ihre Butterfarbe, die erst ganz zuletzt, wenn fast nichts mehr übrig ist, dem Braun der Fäulnis weicht, und selbst dann nicht immer. Für gewöhnlich hält sich das Aussehen lebenden Fleisches, bis das letzte Bällchen erscheint, der aus Haut bestehende einzige Rest. Es ist weiß, ohne jeden Fleck von Gammel, ein Beweis, dass das Leben andauert, bis der Körper auf Null ist“.
Seine “ Erinnerungen eines Insektenforschers“ kann ich jedem Naturfreund nur wärmstens ans Herz legen.
Würde sich die Larve jetzt ganz normal verpuppen, um dann als fertige Fliege aus ihrem Kokon zu schlüpfen, hätte sie ein ernstes Problem. Fliegen haben leckend-saugende Mundwerkzeuge. Optimal um Flüssigkeiten, oder Nektar in offenen Scheibenblüten aufzulecken. Für das Durchbrechen einer zähen Kokonhülle und einer Zellwand aus Lehm allerdings absolut ungeeignet! Hier ist guter Rat teuer.
Irgendwie scheint die Fliegenlarve den Ernst der Situation nicht ganz begriffen zu haben, denn sie verpuppt sich ohne Rücksicht auf Verluste. Allerdings hat es diese Puppe gewaltig in sich!
Die hochbewegliche Puppe trägt eine Krone aus Chitinzähnchen die Fabre folgendermaßen beschreibt:
“Der Kopf ist von einem sechszackigen Diadem gekrönt, die Zacken sind hart, spitz, schwarz und im Halbkreis angeordnet, dessen konkave Seite nach unten zeigt. Diese Zacken werden vom Scheitel zu den Enden hin kürzer, sie erinnern an die Strahlenkronen der Kaiser auf spätrömischen Münzen.“
Jetzt hat der Trauerschweber die erforderlichen Werkzeuge für den Weg in die Freiheit. Mit dieser Fräsmaschine aus Chitin durchbricht er zunächst die Kokonhülle der Mauerbiene, dann die Trennwände aus Lehm. Man kann sich das bildlichso vorstellen, als würden wir in einem hautengen Schlafsack stecken an dem außen Steigeisen aus Metall befestigt sind. Klaustrophobie ist da nicht angesagt!
Dieser Fräskopf wird durch weiteres „Zubehör“ aus Chitin wirkungsvoll in seiner Funktion unterstützt. Lassen wir noch einmal Fabre zu Wort kommen:
“ Der Hinterleib hat neun Segmente, von denen vier, vom zweiten an, auf dem Rücken in der Mitte mit einem Gurt aus kleinen hellbraunen, hornigen Bogen bewehrt sind; sie sind nebeneinander aufgereiht, mit ihrer konvexen Seite in die Haut eingefügt und enden alle in schwarzen harten Dornen. Insgesamt bildet der Gurt so eine durch eine Furche getrennte Doppelreihe kleiner Dornen. Pro Segment zähle ich 25 doppelzahnige Bogen, was 200 Spitzen für die so bewerten vier Segmente ergibt“
Diese Spitzen, verbunden mit langen, nach hinten gerichteten Borsten verankern den Körper am Untergrund, wenn der Trauerschweber die Trennwände aus Lehm mit dem Chitinfräskopf attackiert.
Um mit etwas Glück auch das Schlüpfen der Fliege beobachten zu können, habe ich einige reife Puppen in Glasröhrchen mit einem künstlichen Lehmdeckel gesetzt. Diesen Versuch hat schon Jean-Henri
Fabre durchgeführt. Ungeachtet der völlig unphysiologischen Umgebung läuft das angeborene Verhaltensmuster perfekt ab. Die Puppe attackiert den Lehmdeckel mit ihrem Chitinfräskopf solange, bis
sie nach außen durchbricht. Im Idealfall findet also demnächst der Schlupf statt.
Die Natur scheint es darauf angelegt zu haben, dem Trauerschweber das Leben schwer zu machen und so steht er nun vor einem letzten Problem. Nach dem Durchbrechen des Außenverschlusses würde die Puppe zu Boden stürzen und müsste dort die Metamorphose zur fertigen Fliege abschließen, eine leichte Beute für alle Liebhaber tierischen Proteins. Mal ganz ehrlich, wer endet schon gerne vor dem Jungfernflug in irgendeinem fremden Magen? Aber der Trauerschweber hat noch ein letztes Ass im Ärmel. Sobald er die letzte Zellwand durchbrochen hat, verharrt er in dieser Position, der Hinterleib immer noch im Lehmdeckel fixiert. In dieser Stellung schließt sich nun endgültig der Kreislauf, die fertig entwickelte Fliege schlüpft aus der Puppe. Die aus dem Bohrloch ragender Puppenhülle mit ihren charakteristischen Chitinzähnen weist eindeutig auf einen Befall mit dem Trauerschweber hin.
In Italien können in Mauerbienenzuchten bis zu 95 % aller Kokons mit dem Trauerschweber parasitiert sein, in Deutschland sind es im Schnitt 2 %. Als Gegenmaßnahme werden gelb angestrichene Nisthilfenattrappen aufgestellt, deren Gänge nur einen halben Millimeter tief sind, die aber den Trauerschweber zur - dann natürlich völlig sinnlosen -Eiablage veranlassen. Da der Trauerschweber zwischen einer und zwei Wochen nach den weiblichen Mauerbienen schlüpft, werden die dann noch geschlossenen Kokon, die sowohl Erzwespenlarven als auch den Trauerschweber enthalten können, vernichtet.
Wider Erwarten konnte ich noch einen zweiten Trauerschweber beim Schlupf aus dem Kokon filmen. Diesmal ist auch die einleitende Phase dokumentiert, bei der sich die Puppe mit ihrem Chitinfräskopf
durch den Verschlußdeckel der Brutzelle (in diesem Fall natürlich eine künstliche) bohrt.
Manchmal hat man mehr Glück als Verstand :-) Heute morgen ist ein Trauerschweber aus seinem Kokon geschlüpft und zufällig bin ich genau in diesem Moment auf den Balkon gegangen. Stativ und Kamera waren buchstäblich in letzter Sekunde aufgebaut, nach drei Minuten war alles vorbei. Heureka!!!
Die Makros in starker Vergrößerung wurden mit einem Objektiv in so genannter Retrostellung gemacht. Dabei wird das Objektiv mit einem Adapter um 180° gedreht an die Kamera gesetzt.
Ich habe ehrlich gesagt nicht die blasseste Ahnung von der physikalischen Erklärung, aber auf diese Weise wird aus einem Normal-oder Weitwinkelobjektiv ein Makroobjektiv mit sehr starkem Vergrößerungsfaktor. Blendensteuerung, Autofokus und Belichtungsmessung funktionieren in dieser Objektivstellung normalerweise nicht, es gibt aber spezielle Adapter - die allerdings nicht ganz billig sind - mit denen die Fotografie wie gewohnt abläuft.
Das war mein erster Versuch mit dieser Technik und ich bin doch ziemlich baff über die Qualität der Bilder, zumal bei normalem Umgebungslicht ohne Blitz oder aufwendige Beleuchtung fotografiert wurde. Für mich eröffnet diese Methode eine völlig neue Dimension der Makrofotografie.
„The accompanying fauna of Osmia cornuta and Osmia rufa and effective meassures of protection“. Miloje Krunic, Ljubisa Stanisavljevic, Mauro Pinzauti,
Antonio felicioli. Diese Arbeit gibt es im Internet als PDF-Datei, einfach nach dem Titel googeln.
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