Solitäre Wildbienen benötigen ein reiches Angebot an Blütenpflanzen zur Versorgung ihrer Brutzellen mit Pollen und Nektar sowie Kleinstrukturen, die als Nistplatz für die jeweilige Art geeignet sind. Hier unterscheiden sich die Bedürfnisse sehr stark. In Deutschland, Liechtenstein, Österreich und der Schweiz sind 745 Wildbienenarten bekannt, die wie folgt nisten:
- 50 % im Erdboden
- 3 % nagen ihre Gänge in Holz oder markhaltigen Pflanzenstengeln selbst
- 19 % nutzen bestehende Hohlräume
- 7 % bauen freistehende Nester
- 25 % sind Kuckucksbienen die ihre Eier in die Brutzellen anderer Wildbienenarten schmuggeln.
Manche Arten sind zusätzlich auf spezielle Baumaterialien angewiesen. Die Wollbiene benötigt für die Anlage ihrer Brutzellen Pflanzenhaare, die sie vom Ziest, Strohblumen und anderen Arten abschabt. Die Gewöhnliche Löcherbiene baut Zellzwischenwände und Verschlussdeckel aus Harz. Die Mohn-Mauerbiene kleidet ihre Brutzellen ausschließlich mit den Blütenblättern des Klatschmohn aus.
Falls alle erforderlichen Komponenten nicht auf engstem Raum vorhanden sind, muss die Wildbiene zwischen Nistplatz und den Nahrungspflanzen hin und her pendeln. Das kostet Zeit, Energie und Nerven. Mit zunehmender Flugdistanz verschlechtert sich der Fortpflanzungserfolg der einzelnen Arten drastisch.
In verschiedenen Studien wurden bei solitären Wildbienen maximale Flugdistanzen von 150 m bis 2225 m nachgewiesen. Dabei wurden zum einen Markierungs-und Wiedereinfang-Experimente verwendet, zum anderen wurden die benötigten Nahrungspflanzen in Töpfen angeboten und schrittweise immer weiter vom Nistplatz entfernt.
Größere Wildbienen-Arten legen in der Regel weitere Strecken zurück. Die maximale Flugstrecke wird aber jeweils nur von einem kleinen Teil einer Wildbienen-Population zurückgelegt, die meisten werfen schon deutlich früher das Handtuch. Es gibt also jeweils viele Kurzstreckenflieger, aber nur wenige Langstreckenflieger. Bei einem Großteil der untersuchten Arten dürfte die maximale Sammelflugdistanz zwischen 300 und 1500 m liegen.
Fliegen ist die energieaufwändigste Form der Fortbewegung, die Zunahme der Sammelflugdauer beschleunigt daher den Alterungsprozess durch ganz banalen „Materialverschleiß“. Der Unterschied zwischen einer frisch geschlüpften Wildbiene und einem „abgeflogenen“ Exemplar nach vier Wochen ist fast schon erschreckend.
Mit zunehmender Flugdistanz steigt der Zeitaufwand für die Versorgung einer einzelnen Brutzelle deutlich und die Zahl der maximal angelegten Brutzellen sinkt. Da die offenen Brutzellen längere Zeit „unbewacht“ bleiben, steigt zwangsläufig auch der Befall mit Parasiten, die diese günstige Gelegenheit nutzen.
Um den energetischen Mehraufwand zu kompensieren, wird teilweise weniger Pollen in jede einzelne Brutzelle eingelagert, das kann sich negativ auf die Überlebensrate der überwinternden Larven auswirken. Die Bedeutung der Flugdistanz zeigt sich auch in Käfigversuchen mit der Luzerne-Blattschneiderbiene (Megachile rotundata), bei den sich die Nahrungsquellen unmittelbar neben dem Nistplatz befanden. Unter diesen optimalen Bedingungen wurden zwei- bis dreimal so viele Brutzellen angelegt als durchschnittlich im Freiland.
Bei manchen untersuchten Wildbienenarten sank die Anzahl der angelegten Brutzellen bei einer Zunahme der maximalen Flugdistanz um 150 m bereits auf 75 %. Bedingt durch die stärkere Parasitierung betrug der Anteil überlebender Nachkommen teilweise nur noch 30 %.
Der Abstand zwischen Nistplatz und Nahrungspflanzen sollte im Idealfall nicht größer als 200-300 m sein. Bei der Auswahl der Pflanzen in einem Naturgarten sollte der Schwerpunkt auf den Bedürfnissen der Pollenspezialisten liegen, die zum Teil zwingend auf eine einzige Gattung angewiesen sind. Pollengeneralisten wie die Mauerbienen profitieren sowieso von nahezu jedem Blütenangebot.
Nisthilfen ohne ein entsprechendes Nahrungsangebot im näheren Umfeld haben nur begrenzten Nutzen. Auch auf die Bedürfnisse der im Erdboden nistenden Wildbienenarten sollte eingegangen werden, zumindest die relativ anspruchslosen Gruppen lassen sich auch im Garten ansiedeln. Durch das Angebot vielfältiger Kleinstrukturen und ein kontinuierliches Angebot der wichtigsten einheimischen Pollen und Nektarspender schaffen wir die beste Voraussetzung für Wildbienen in unseren Naturgärten.
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