Diese liebevoll gestaltet Insektennisthilfe ist nicht größer als ein Ziegelstein und findet daher auf Balkonen, Terrassen und in Gärten problemlos ein Plätzchen. Auf kleinstem Raum lassen sich hier alle Aspekte der Hautflüglerbiologie studieren, sei es der Schlupf im Frühjahr, die Paarung, die Versorgung der Brutzellen mit Pollen oder der Bau der Verschlußdeckel. Auch die zugehörigen Gegenspieler wie die Taufliege Cacoxenus, Gold-, Keulen- und Schlupfwespen stellen sich unweigerlich ein.
Biologie kompakt!
Insgesamt wurden hier bisher über 20 verschiedene Wildbienen- und Wespenarten beobachtet, ein doch recht erstaunlich breites Artenspektrum.
Durchschnittlich geht man von ca. 4 Brutzellen in jedem der 180 Nistgänge aus, das heißt bei Vollbesetzung würden im nächsten Jahr an die 700 Insekten schlüpfen.
Wildbienenschutz lebt von den Menschen die dahinter stehen. Einer von ihnen ist Volker Fockenberg.
Seine Insektennisthilfe aus gebranntem Ton, das „Hotel zur wilden Biene“ hat bereits ihr 25-jähriges Jubiläum auf dem Buckel und ist längst ein etablierter Klassiker. 19.000 (!) Exemplare bieten inzwischen in unseren Gärten Unterschlupf für solitäre Wildbienen und Wespen.
Die „Infektion“ mit dem Wildbienenvirus erfolgt schon früh. 1983 stolperte der damals 18-jährige Schüler an einem Naturschutzstand über eine Bauanleitung und bastelte aus Hartholzresten seine erste Nisthilfe für Wildbienen, die auch sofort angenommen wurde. Von da an gab es kein Halten mehr. Zusammen mit dem Naturschutzbund Dorsten wurden viele Wildbienennisthilfen aus Holz gebastelt und eine Sandabgrabung für Wildbienen optimiert. Dieser Lebensraum wurde später vom NABU erworben und unter Naturschutz gestellt.
Für sein Engagement für die Wildbienen erhielt Volker Fockenberg 1988 den Sven-Simon-Naturschutzpreis. In einem Artikel wurde über seine Idee von Bienennisthilfen aus gebranntem Ton berichtet. Die ersten 120 Bestellungen für das „Hotel zur wilden Biene“ trafen ein, das ja in der Praxis noch gar nicht existierte.
Das Preisgeld von 2000 DM investierte Volker Fockenberg in die Entwicklung einer Produktionsmethode für seine Nisthilfe, die 1989 ausgereift war. Die Tonrohlinge werden mit einem 7,5 t LKW aus einer Ziegelei geholt, in voll beladenem Zustand 750 Stücke.
In den feuchten Ton werden mit verschieden dicken Stahlstiften Nestgänge gestochen. Anschließend wird der fertige Rohling getrocknet und gebrannt. Anfangs mußten noch elterliche Garage und Keller her halten; der Brand erfolgte in einer Ziegelei.
1999 baute Volker Fockenberg eine ca. 300 Jahre alte Ziegel-Trockenscheune nach.
Durch ein ausgeklügeltes System von individuell zu öffnenden Belüftungsschlitzen trocknen dort die Bienensteine ohne externe Energie, eine Heizung ist daher nicht erforderlich. Durch diese behutsame und langsame Trocknung werden Trocknungsrisse fast gänzlich verhindert. Je nach Witterung und Luftfeuchtigkeit ist der Vorgang nach 4-6 Wochen komplett abgeschlossen.
Die Trocknung kann nur während der frostfreien Monate erfolgen, sonst würde der feuchte Ton sofort springen.
1996 war die Geburtsstunde eines großen Brennofens, der den aufwendigen Transport zur Ziegelei und zurück überflüssig macht. In die Brennkammer passen 156 Steine, daher muß der Ofen nur fünfmal im Jahr angeworfen werden.
Den kompletten Strom (in der Bilanz) für den Brennvorgang liefert eine Photovoltaikanlage auf dem Dach.
Was zunächst nur ein Hobby war, wurde zur Passion und schließlich sogar zum Beruf. Volker Fockenberg betreibt nun ein kleines Planungsbüro sowie die Firma „www.wildbiene.com“. Schmunzelnd meint er: „Die Wildbienen sind nun mein Arbeitgeber und ernähren meine Familie mit zwei Kindern“.
Die Brenntemperatur liegt bei 996° C, dadurch verglast Ton nicht, sondern bleibt offenporig und damit atmungsaktiv. Das ist eine wesentliche Voraussetzung, um die Verpilzung der Brut in einer Insektennisthilfe zu verhindern. Da der Ton wasserdurchlässig bleibt, sollte er an einer geschützten, trockenen Stelle aufgehängt werden. Gebrannter Ton verwittert nicht und ist daher nahezu unverwüstlich.
Um die Befestigung zu erleichtern sind im oberen Bereich zwei Löcher durch den Ton gebohrt, durch die sich eine Schnur oder ein Draht ziehen läßt. Manche Vögel haben die Entdeckung gemacht, daß sich im Inneren von Nisthilfen wertvolles Insektenprotein befindet. Meisen schlitzen besiedelte Strohhalme auf und ein unternehmungslustiger, hungriger Specht kann selbst aus Hartholzblöcken Kleinholz machen. Bei gebranntem Ton stößt er allerdings dann doch an seine Grenzen.
Solitäre Wildbienen:
Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta)
Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis)
Blaue Mauerbiene (Osmia caerulescens)
Scherenbiene (Osmia rapunculi)
Scherenbiene (Osmia florisomnis)
Natternkopf Mauerbiene (Osmia adunca)
Löcherbiene (Osmia truncorum)
Blattschneiderbiene (Megachile spec.)
Seidenbiene (Colletes daviesanus)
Maskenbiene (Hylaeus spec.)
Solitäre Wespen:
Parasiten:
Gebrannter Ton ist nahezu unverwüstlich und erfüllt seinen Zweck über viele, viele Jahre. Zwei Exemplare des "Hotels zur Wilden Biene" hängen seit über zehn Jahren auf meinem Balkon und wirken dennoch nahezu unverändert. Viele meiner Fotos sind an dieser Nisthilfe entstanden. Generell wird Ton etwas schlechter angenommen als Bohrungen im Hartholz und hohle Pflanzenstengel. Speziell die Scherenbienen neigen aber dazu einmal bereits besiedelte Brutröhren erneut zu beziehen, so baut sich rasch eine Population auf. Die alten Nisthilfen sind daher jedes Jahr fast zu 100% besiedelt. Es scheint fast so etwas wie eine Tradition zu geben. Niste da, wo du im letzten Jahr selbst geschlüpft bist. Dank seiner kompakten Ausmaße findet diese Nisthilfe überall Platz und hat auch noch ein ansprechendes Äußeres. Es ist jedes Jahr eine Freude, wenn sich nach der ersten Welle der beiden Mauerbienenarten die ersten Scherenbienen ihren Weg durch den Verschlußfeckel bahnen.
Larven können im Verlaufe ihrer Entwicklung absterben, sei es durch Verpilzung, Befall mit Parasiten oder durch andere Ursachen. Von außen ist das dummerweise nicht zu erkennen. Hinter einem geschlossenen Verschlussdeckel können sich theoretisch sowohl gesunde Brut als auch ein Mausoleum befinden. Im Laufe der Jahre werden die Gänge mit abgestorbener Brut langsam zunehmen, dadurch verringert sich natürlich der freie Wohnraum. Um diese Gänge eindeutig identifizieren zu können, ist ein klein wenig Arbeit und ein Jahr Zeit erforderlich.
Im Herbst, wenn keine Wildbienen mehr schlüpfen, wird jeder Verschlußdeckel mit einem farbigen Punkt markiert. Ich habe dazu ganz gewöhnliche gelbe Wasserfarbe verwendet, die mit einem feinen Pinsel aufgetragen wurde. Theoretisch kann man auch mit der Spraydose arbeiten, wie das rechts stehende Beispiel zeigt. Der Zeitaufwand bei dieser Methode ist drastisch geringer, allerdings muß man mit der Ästhetik des Ergebnisses dann auch leben können.
Falls die Wildbienen im kommenden Jahr schlüpfen, zerstören sie unweigerlich den Verschlussdeckel und damit verschwindet auch unser Markierungspunkt. Im selben Jahr neu angelegte und verschlossene Nistgänge sind daher natürlich völlig „unpünktlich“. Hinter allen Verschlußdeckeln, die im Herbst des darauffolgenden Jahres immer noch einen gelben Punkt tragen, hat sich ein ganzes Jahr nicht getan. Hier befindet sich daher nur noch abgestorbene Brut und die Gänge können ohne Verluste gesäubert werden.
Nach dieser Generalüberholung bietet die Nisthilfe wieder das volle Wohnungsangebot. Dieser aufwendige Akt ist natürlich nicht jedes Jahr erforderlich, bei
mir hat es immerhin zehn Jahre gedauert :-)
Zahllose weitere Fotos findet ihr auf meinen Pinterest-Pinwänden!
(Einzelseiten zum Vergrößern anklicken!)
Alle wesentlichen Informationen zu den unterschiedlichen Komponenten einer Insektennisthilfe sind jeweils in einem eigenen Kapitel zusammengefasst und mit zahlreichen Fotos
illustriert.
Eine sechsseitige Fotodokumentation protokolliert den Bau einer pfiffigen Insektennisthilfe aus alten Eichenbalken.
Doppelseiten mit Fotos illustrieren jeweils bestimmte Teilaspekte des Lebens an einer Nisthilfe.
Die typischen Baufehler der InsektenNICHTNisthilfen aus Baumarkt und Gartencenter werden ausführlich besprochen.